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AVIVA-BERLIN.de im Mai 2024 - Beitrag vom 10.09.2023


Ausstellung im Jüdischen Museum Berlin: Ein anderes Land. Jüdisch in der DDR
AVIVA-Redaktion

Das Jüdische Museum Berlin (JMB) zeigt mit "Ein anderes Land. Jüdisch in der DDR" vom 8. September 2023 bis 14. Januar 2024 die erste große und kulturhistorische Ausstellung über jüdische Erfahrungen in der DDR. Damit beleuchtet das JMB einen bislang wenig beachteten Teil der jüdisch-deutschen Geschichte von der Nachkriegszeit bis heute.




Die Ausstellung, kuratiert von Tamar Lewinsky, Martina Lüdicke und Theresia Ziehe, unternimmt eine dokumentarische Forschungsreise und verknüpft sie mit bildender Kunst, Film und Literatur, mit vielschichtigen Biografien und mit außergewöhnlichen Exponaten. So eröffnen sich Einblicke in das Leben von Jüdinnen und Juden, die vor den Nationalsozialisten aus Deutschland geflohen waren und nach 1945 in die sowjetische Besatzungszone zurückkehrten, die Konzentrationslager überlebt oder die Zeit im Versteck überstanden hatten. Nach der Erfahrung der Shoah hofften viele von ihnen, mit der DDR einen freien, antifaschistischen Staat aufzubauen: "ein anderes Land".



Hetty Berg, Direktorin des JMB, führt aus: "Die Ausstellung widmet sich der Frage, was es in der DDR bedeutete, jüdisch zu sein – innerhalb und außerhalb von Gemeinden, für einzelne Personen und verschiedene Generationen. Zeitzeug*innen und ihre Nachkommen berichten, was aus ihren Hoffnungen auf einen antifaschistischen Staat geworden ist und wie sie heute auf ihr Jüdischsein in der DDR blicken. Ihre Erzählungen zeigen eine Vielzahl individueller Erfahrungen in Ostdeutschland."



Persönliche Objekte von Zeitzeug*innen und deren Nachkommen sowie Interviews von Jüdinnen und Juden, die ihre Geschichte erzählen, zeigen eine Vielzahl individueller jüdischer Perspektiven. Sie vermitteln mitunter widersprüchliche Erfahrungen in Ostdeutschland, die sich insbesondere bei Fragen nach jüdischer Identität im Spannungsfeld von Zuschreibung und Selbstbild bewegen. Die Interviewten geben Einblick in historische Entwicklungen, sie erinnern sich, nehmen zu gesellschaftspolitischen Konflikten Stellung oder werfen Fragen auf, die zu den Ausstellungsobjekten im Bezug stehen.



Die Interviews führte die in Berlin lebende israelische Filmemacherin Yael Reuveny im Rahmen des W. Michael Blumenthal-Fellowships eigens für das Projekt; in acht Filmprojektionen erforscht sie mit Bildern von heute ein Land, das es so nicht mehr gibt, das aber deutliche Spuren in der Gegenwart hinterlassen hat.



Jüdisches Leben in acht Gemeinden – in Ostberlin, Dresden, Leipzig, Magdeburg, Erfurt, Schwerin, Halle und Chemnitz bzw. Karl-Marx-Stadt – wird als Alltags- und Sozialgeschichte in den Blick genommen.



Die Westflucht 1952/53, die Reaktionen auf den Sechs-Tage-Krieg 1967 und andere Ereignisse werden als Knotenpunkte jüdischer Geschichte in Ostdeutschland vorgestellt. Damit ergänzt die Ausstellung den aktuellen Ost-West-Diskurs um eine jüdische Perspektive.

Sammlungsschwerpunkt im JMB



Das JMB beherbergt bereits viele bedeutende Objekte zum Thema – durch die Ausstellung baut das Museum den Schwerpunkt weiter aus: Zu Beginn des Jahres 2022 hatte das JMB einen Sammlungsaufruf zur Ausstellung veröffentlicht. Die Resonanz war groß: Viele Personen meldeten sich und übergaben dem JMB zahlreiche Objekte als Schenkungen. Die von der Regisseurin Yael Reuveny eigens für die Ausstellung entwickelte achtteilige Audio- und Filminstallation "Neuland" und die dafür geführten Video-Interviews gehen in die Sammlung des Museums ein.



Begleitprogramm

Die Bandbreite des Begleitprogramms reicht von einem Konzert der Band Stern-Combo Meißen bis hin zu der wissenschaftlichen Tagung "…und der Zukunft zugewandt? – Über jüdische Geschichte[n] in der DDR", die in Zusammenarbeit mit dem Moses Mendelssohn Zentrum Potsdam stattfindet. Auch die Ausstellung selbst wird zum Veranstaltungsort: Lesungen, Künstler*innengespräche, Filmvorführungen – in der Reihe "DDR am Dienstag" geben Gäste an fast jedem Dienstag von 17:30 Uhr bis 18:30 Uhr in der Ausstellung persönliche Einblicke in ihre Erfahrungen, ihre Familiengeschichte und ihre Beschäftigung mit jüdischem Leben in der DDR. Den Anfang machen Alena Fürnberg und Renate Aris.



Eine reich bebilderte Publikation zur Ausstellung mit 15 Essays verschiedener Autor*innen erscheint im Ch. Links Verlag, Berlin. 272 Seiten, 28 Euro.



Ab dem 12. September 2023 läuft der Podcast "Jüdisch in der DDR. Ein Roadtrip mit Marion und Lena Brasch" (sechs Folgen) – ein Podcast von Deutschlandfunk Kultur in Kooperation mit dem Jüdischen Museum Berlin: www.deutschlandfunkkultur.de/juedisch-in-der-ddr-100.html. Gesprächspartner*innen und Stationen: Alena Fürnberg, Weimar/Halle, Reinhard Schramm, Erfurt, Dmitrij Kapitelman, Leipzig, Peter Kahane, Uckermark, André Herzberg, Berlin, Marion Kahnemann, Dresden.

Die Ausstellung wurde gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und der Kulturstiftung der Länder. Die Mixed-Media-Installation "vom ich zum wir" von Leon Kahane wurde ermöglicht von den FREUNDEN DES JMB.



Laufzeit: 8. September 2023 bis 14. Januar 2024
Ort: Jüdisches Museum Berlin, Altbau, 1. OG
Eintritt: 8 €, ermäßigt 3 €
Öffnungszeiten: täglich 10 bis 19 Uhr (Zeitfenstertickets erforderlich: tickets.jmberlin.de)
Aktuelle Informationen zur Ausstellung und zum Begleitprogramm sind online unter: www.jmberlin.de/ausstellung-ein-anderes-land und www.jmberlin.de/ddr


Kooperationspartner: Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum, Deutschlandfunk Kultur

Medienpartner: Wall, tipBerlin, radioeins vom rbb

Copyright Fotos: Sharon Adler.
Ruth Zadek vor dem Hauptmotiv für die Ausstellung "Ein anderes Land. Jüdisch in der DDR." Das Foto zeigt Alice Zadek mit ihrer Tochter Ruth und ihrem Neffen David Hopp auf der Stalinallee (Karl-Marx-Allee), Berlin ca. 1956, Foto: Gerhard Zadek. Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von Ruth Zadek; Gestaltung: buerominimal, Berlin. Foto von Ruth Zadek: Sharon Adler / PIXELMEER 2023
Pressemitteilung 20. Juni 2023




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Beitrag vom 10.09.2023

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